
Das erwartet dich...
In diesem Artikel teile ich meine persönlichen Erfahrungen mit Hochsensibilität – was sie für mich bedeutet, wie sie sich im Alltag zeigt und warum sie weder Krankheit noch Auszeichnung ist. Du erfährst, warum Musik für mich eine heilige Ressource ist, wie meine Kindheit in einer Großfamilie meine Sensibilität geprägt hat und weshalb Hochsensibilität gelebte Verantwortung erfordert. Ein ehrlicher Blick auf Stärke, Tiefe und die Kunst, diese Gabe bewusst zu leben.
Die Frage der energie
Eigentlich habe ich Tonnen von Energie. Das war schon immer so, und auch jetzt spüre ich sie, selbst wenn die aktuelle Zeitqualität herausfordernd ist. Wenn ich zurückblicke, sehe ich: Ich habe viel geleistet, auch in diesem Jahr 2025, das sich nun dem Ende zuneigt. Oft klopfe ich mir dafür nicht auf die Schulter – und ja, es gibt diese inneren Dialoge, die sagen: „War das genug? Habe ich wirklich etwas bewegt?“ Doch wenn ich ehrlich hinschaue, darf ich anerkennen: ich habe sehr vieles getan, sehr vieles geschaffen. Auch wenn es vielleicht nicht immer so in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird, darf ich mich loben. Ich bin Coachin – und auch Coaches dürfen lernen, sich selbst zu würdigen.
Meine Energie kommt nicht aus einem äußeren Antrieb, sondern daraus, dass ich auf meine Gefühle höre. Ich liebe meine Arbeit. Ich übernehme Verantwortung – auch wenn ich auf die Nase falle. Ich lasse mir nicht reinreden, sondern gestalte mein Leben selbst. Ein Teil dessen, was mich trägt, ist meine Hochsensibilität.
Allerdings: Diese Energie war nicht immer selbstverständlich. Ich bin in einer Großfamilie aufgewachsen, und das war eine gute Schule – aber auch eine, die mir einiges abverlangt hat. Anfangs war ich eher still, zurückgenommen, eine Beobachterin. Doch wer in einer Großfamilie bestehen will, muss sich behaupten können. Und das hat mich sehr viel Kraft gekostet. Es war schwierig, die eigene Stimme zu finden, sich nicht unterkriegen zu lassen und trotzdem bei sich zu bleiben. Allerdings war das Musizieren auch ein wunderbarer Rückzugsort um Kräfte und Energie zurückzugewinnen und um Gefühlen Ausdruck zu geben. Manchmal spielte ich Klavier mit einem solch hartem Anschlag, dass es meine Mutter wahnsinnig machte und ich dann ganz alleine im Wohnzimmer mit dem Klavier war. Wunderbar Heute weiß ich: All diese Erfahrungen haben meine Hochsensibilität geprägt – und zugleich meine Stärke genährt.
Was Hochsensibilität ist – und was sie nicht ist
Im Laufe des Lebens erkennt man irgendwann, dass man hochsensibel ist. Nicht, weil jemand einem ein Etikett aufdrückt, sondern weil man merkt: Ich nehme Dinge anders wahr, intensiver, tiefer. Ich spüre mehr, ich höre genauer hin, ich bin empfänglicher für Zwischentöne.
Hochsensibilität bedeutet:
- Sinneseindrücke werden feiner und oft stärker wahrgenommen.
- Emotionen sind tief und vielschichtig.
- Es braucht mehr Zeit für Regeneration, Rückzug und innere Balance.
- Empathie und Mitgefühl sind ausgeprägt, oft sogar überdurchschnittlich.
Aber: Hochsensibilität ist kein Qualitätsmerkmal und macht niemanden „besser“. Sie ist auch nicht gleichzusetzen mit heftigen Reaktionen. Jeder Mensch hat Lebensphasen, in denen er dünnhäutiger ist – nach Krisen, Krankheit oder unter Dauerstress. Das bedeutet nicht automatisch, hochsensibel zu sein. Hochsensibilität ist ein stabiles Persönlichkeitsmerkmal, kein vorübergehender Zustand.

KLANGRÄUME, IN DENEN DIE SEELE RUHT
Where the Soul Rests – 26 Songs für Heilung & Einklang
Mit Where the Soul Rests habe ich eine Sammlung von 26 Songs geschaffen, die dich einladen, in einen Raum tiefer Ruhe und Resonanz einzutreten.
Jedes Stück ist sorgfältig komponiert und abgestimmt – in Geschwindigkeit, Tonart, Instrumentierung, Text (wo vorhanden) und vor allem auf bestimmte heilsame Frequenzen. So entsteht Musik, die nicht nur berührt, sondern dich auf einer tieferen Ebene trägt: beruhigend, klärend, ausgleichend.
Diese Songs sind wie kleine Klanginseln – sie schenken dir Momente, in denen der Geist zur Ruhe kommt, das Herz sich öffnet und die Seele atmen darf.
👉 Where the Soul Rests ist mehr als Musik. Es ist eine Einladung, immer wieder heimzukehren – zu dir selbst.
Beispiele aus meinem Alltag
Ich merke meine Hochsensibilität in vielen kleinen Situationen:
- Fernsehen: Beim Fernsehen werde ich oft sehr nervös, wenn mich ein Film nicht wirklich packt. Als ich als junge Frau aus dem Elternhaus auszog, hatte ich überhaupt keinen Fernseher – und ich habe ihn auch nicht vermisst. Bis heute schaue ich kein Fernsehen, nur ab und zu mit meinem kleinen MacBook ein bewusst ausgewähltes Video oder einen Film, der mich wirklich interessiert. Für mich ist es wichtig, dass auch das Sehen und Hören ein bewusstes Erlebnis bleibt – sonst raubt es mir Energie.
- Stimmen: Wenn jemand eine unangenehme Stimme hat – schrill, rau, zu laut – spüre ich das sofort körperlich. Mein Herz zieht sich zusammen, mein Atem wird flacher. Ich habe gelernt, langsam und bewusst zu atmen, damit ich dennoch zuhören kann, ohne sofort in Abwehr zu gehen.
- Menschenmengen: Ich liebe es, zurückgezogen zu leben. Aber manchmal genieße ich auch ein Bad in der Menge. Das Eintauchen in viele Stimmen, viele Begegnungen kann wunderschön sein. Doch irgendwann merke ich, dass es zu viel wird, und dann ziehe ich mich zurück, um wieder in meine eigene Kraft zu kommen.
- Emotionale Stimmungen: Ich nehme die Atmosphäre in einem Raum sofort wahr. Wenn Spannung in der Luft liegt, wenn unausgesprochene Konflikte vorhanden sind, spüre ich das – manchmal schon, bevor ein Wort gefallen ist.
- Musik: Musik berührt mich unmittelbar. Ein einziger Ton, ein Klang, eine Stimme kann mich tief bewegen – bis hin zu Tränen. Gleichzeitig ist Musik meine größte Ressource. Sie bringt mich ins Gleichgewicht, gibt mir Kraft und ist heute ein wesentlicher Bestandteil meiner Arbeit.
- Arbeit & Fokus: Multitasking kann ich sehr gut, ich habe es immer gekonnt. Doch ich merke – und das ist nicht nur bei mir so, sondern gilt wohl ganz allgemein –, dass es Energien raubt und an der Oberfläche hält. Es verhindert Tiefe und echte Präsenz. In der Konzentration auf eine Sache hingegen öffnet sich für mich ein Raum, in dem ich besonders kreativ, wirksam und verbunden bin.
Warum nicht jeder es wissen muss
Hochsensibilität ist kein Aushängeschild. Sie ist ein Teil meiner Persönlichkeit, so selbstverständlich wie meine Augenfarbe. Niemand muss es wissen, damit es wertvoll ist. Ich gehe nicht hausieren damit, sondern lebe sie – manchmal sichtbar, manchmal still.
Und da frage ich mich: Warum sollte es eigentlich jeder wissen? Warum? Ist es nicht so, dass jeder Mensch ein Wunder für sich ist – mit seinen eigenen Gaben, mit seiner einzigartigen Mischung aus Erfahrungen, Talenten und vielleicht auch kleinen Superkräften? Wir alle sind eine Komposition aus Licht und Schatten, aus Stärken, Verletzlichkeiten und besonderen Fähigkeiten.
Es ist langweilig – und ehrlich gesagt auch ein bisschen peinlich –, wenn mir jemand im Smalltalk, also in einem Gespräch, das kein Coaching ist, mit einem gewissen Stolz sagt: „Ich bin hochsensibel, deshalb nehme ich viel mehr wahr als andere.“ Was soll ich darauf antworten? Soll ich beeindruckt sein, soll ich mich kleiner fühlen, soll ich die Person für etwas bewundern, das einfach ein Persönlichkeitsmerkmal ist?
Hinter solchen Aussagen steckt oft – bewusst oder unbewusst – der Wunsch, sich abzugrenzen: „Ich sehe mehr, ich fühle mehr, ich bin feinfühliger als du.“ Vielleicht ist da sogar die Sehnsucht nach Anerkennung, nach Besonderheit, nach dem Gefühl, besser oder tiefer zu sein als andere. Aber das entspricht nicht dem Kern der Hochsensibilität.
Denn Hochsensibilität ist kein „Upgrade“ des Menschseins. Sie ist eine bestimmte Ausprägung, nicht mehr und nicht weniger. Sie macht mich nicht wertvoller, und sie gibt mir auch nicht das Recht, andere Menschen zu beurteilen oder ihre Wahrnehmung abzusprechen.
Echte Hochsensibilität zeigt sich im Leben, nicht in der Selbstdarstellung. Sie entfaltet sich im Mitgefühl, in der Achtsamkeit, im bewussten Umgang mit Reizen, im stillen Erkennen von Zwischentönen. Aber sie wird nicht größer dadurch, dass man sie auf den Tisch legt wie eine Visitenkarte.
Und ja – vielleicht ist es ein Paradoxon, einen Blogartikel über Hochsensibilität zu schreiben und damit ein Schild aufzuhängen: „Ich bin hochsensibel.“ Doch für mich geht es hier nicht um Etiketten, sondern um Bewusstsein. Ich schreibe, um zu zeigen, dass Hochsensibilität nichts Krankhaftes ist, dass sie kein Wettbewerbsvorteil ist, sondern ein Wesenszug wie viele andere.
Ich schreibe, damit jeder – ob hochsensibel oder nicht – sich selbst annehmen kann, in seiner Einzigartigkeit. Damit wir verstehen: Wir sind nicht besser oder schlechter als andere. Wir sind einfach. Und darin liegt das große Geheimnis: ICH BIN.
Kunst, musik und Sensibilität
Viele Künstlerinnen und Künstler – Musiker, Maler, Schauspieler, Dichter – sind sehr sensibel. Vielleicht ist es sogar eine Voraussetzung, Kunst in ihrer Tiefe zu erschaffen. Ein Musikstück nicht nur zu spielen, sondern es zu fühlen. Einen Text nicht nur zu singen, sondern ihn zu verinnerlichen. Emotionen durch die Stimme oder den Pinselstrich auszudrücken.
Auch für mich ist Musik eine Ressource, eine Heimat. Ohne meine Hochsensibilität hätte ich mein AuditiveCoaching© nie entwickelt. Sie ist Basis für meine Arbeit mit Klang, Stimme und Resonanz. Musik trägt, beruhigt, öffnet Räume – und zugleich braucht es Mut und Zuversicht, um diese Gabe auch in der Welt zu leben.
Meine Reise mit der Musik begann sehr früh. Schon mit sechs Jahren spielte ich Akkordeon. Als Jugendliche trat ich damit auf, und es machte mir große Freude, Menschen eine Freude zu bereiten. Musik war für mich immer mehr als Unterhaltung – sie war eine Brücke, eine Möglichkeit, etwas Unsichtbares in den Raum zu stellen.
Und doch war da ein Zwiespalt: Jedes Lob fühlte sich für mich fehl am Platz an. Ich habe es nicht gebraucht, es war für mich fast wie eine Grenzüberschreitung. Denn wenn mir jemand Lob geben konnte, dann konnte er es mir genauso wieder entziehen – durch Kritik. Musik war für mich heilig, und wenn jemand von außen kam, um sie zu beurteilen, fühlte ich mich ausgeliefert. Dieses Erleben prägt bis heute meine Sensibilität für den feinen Unterschied zwischen ehrlicher Resonanz und bloßer Bewertung.
Schon in der Schule begleitete mich die Musik. Wir hatten damals, bereits in der ersten Klasse, Blockflötenunterricht – etwas, das heute, glaube ich, nicht mehr selbstverständlich ist. Später kam Klavierunterricht hinzu. All diese Erfahrungen vertieften meinen Zugang zu Klang, zu Melodie, zu der Sprache, die keine Worte braucht.
Rückblickend sehe ich: Musik hat mich nicht nur begleitet, sie hat mich geformt. Sie hat meine Hochsensibilität genährt und mir Wege eröffnet, die später in meiner Arbeit selbstverständlich wurden. Heute weiß ich: Musik war immer mein innerer Resonanzraum – und sie ist es noch.

Filmempfehlung: Sensitive – The Untold Story
Ein Film, der das Wesen der Hochsensibilität eindrücklich zeigt, ist Sensitive: The Untold Story. Darin sprechen Dr. Elaine Aron – die Pionierin auf diesem Gebiet –, Alanis Morissette, Dr. Bianca Acevedo und Dr. Maike Andresen. Der Film verdeutlicht, dass etwa 20 % aller Menschen hochsensibel sind. Alanis Morissette beschreibt offen, wie sie ihre Sensibilität erlebt – als Stärke, aber auch als Herausforderung.
Besonders wichtig fand ich die Botschaft: Wenn die Reizüberflutung zu groß wird, gilt es, rechtzeitig die „Zügel in der Hand“ zu behalten. Nicht andere anzugreifen, sondern den Rückzug zu wählen, für sich selbst zu sorgen. Genau das kenne ich nur zu gut – und es ist ein Lernweg, den wohl alle Hochsensiblen gehen.
Fazit
Hochsensibilität ist keine Krankheit, kein Defizit und schon gar kein Gütesiegel, das einen über andere erhebt. Sie ist ein Persönlichkeitsmerkmal – nicht mehr und nicht weniger. Doch wenn sie mit Achtsamkeit, Selbstfürsorge und Verantwortung gelebt wird, kann sie zu einer großen Ressource werden.
Für mich bedeutet Hochsensibilität: Musik, Tiefe, Resonanz, Energie. Sie erlaubt mir, Klang als Heil- und Coachingweg zu nutzen, mich zu verbinden und neue Räume zu eröffnen. Sie gibt mir die Fähigkeit, Zwischentöne zu hören, Atmosphären wahrzunehmen und das Unsichtbare in eine spürbare Form zu bringen.
Gleichzeitig weiß ich: Hochsensibilität ersetzt nicht Mut, Zuversicht und Selbstverantwortung. Es braucht die Bereitschaft, auch in herausfordernden Zeiten aufzustehen, Entscheidungen zu treffen, Grenzen zu setzen und die eigene Kraft nicht aus den Augen zu verlieren.
Ich habe gelernt, dass Musik für mich ein heiliger Raum ist – einer, der nicht durch Lob oder Kritik definiert werden darf. Diese Erfahrung hat mich geprägt, und sie fließt in meine Arbeit ein: Im AuditiveCoaching© geht es nicht darum, bewertet zu werden, sondern darum, in Resonanz zu kommen – mit sich selbst, mit anderen, mit dem Leben.
Ich darf hochsensibel sein, ohne es jedem zu erzählen. Ich darf meine Stärke anerkennen, auch wenn sie nicht immer in der Öffentlichkeit sichtbar wird. Ich darf mir selbst auf die Schulter klopfen. Denn Hochsensibilität ist keine Bühne, sondern Teil meiner Lebendigkeit – eine innere Quelle, die mich trägt und von der ich weitergeben darf.
©Martina M. Schuster
Bildquelle: Canva Pro
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